Nur sehr wenige Bürger wissen, dass ihnen nicht nur im Rahmen eines übergeordneten Allgemeininteresses (z.B. Bau einer Strasse) ein Grundstück unfreiwillig abgenommen werden kann, sondern dass dies auch im Rahmen eines sogenannten Umlegungsverfahrens passieren kann.

Was ist ein Umlegungsverfahren?

Ein Umlegungsverfahren ist ein gesetzlich geregeltes Grundstückstauschverfahren, das erforderlich wird, wenn die vorhandenen Grundstücke durch ihre Lage oder durch ihren Zuschnitt eine Bebauung gemäß Bebauungsplan nicht zulassen. Grundlage für ein Umlegungsverfahren ist daher immer auch ein Bebauungsplan (B-Plan)

Das Problem bei Tauschverfahren ist bei Grundstücken das Gleiche wie bei jedem anderen Tausch. Es herrschen meistens stets sehr unterschiedliche Meinungen darüber, ob die getauschten Gegenstände bzw. Grundstücke gleichwertig sind. Rein rechnerisch ist das bei einem Umlegungsverfahren in der Regel der Fall. Das heißt das getauschte Grundstück hat entweder die gleiche Größe oder den gleichen Wert. Sehr problematisch ist jedoch, dass bei diesem Grundstückstauschverfahren nicht freiwillig getauscht wird, sondern die Verwaltung den Tausch anordnet. Außerdem entscheidet eine Tauschkommission (Umlegungsausschuß), wer hinterher welches Grundstück erhält. Da die konkrete Lage des neuen Grundstücks, die Bebaubarkeit (Reihenhaus, freistehendes Einfamilienhaus, Geschoßbau, sozialer Wohnungsbau usw.) durch die Lage des Grundstücks und den B-Plan vorgegeben wird, hat die Taschkommission sehr viel individuellen Spielraum auf den der tauschende Grundstückseigentümer überhaupt keinen Einfluß hat. Von einem emotional gleichwertigem Tausch kann daher in den meisten Fällen nicht die Rede sein, im besten Fall ist der kalkulative Wert identisch. Der Marktwert ist oftmals überhaupt nicht identisch.

Außerdem ist ein wertgleicher Grundstückstausch überhaupt nicht zielführend, wenn man z.B. die gleiche Grundstücksfläche nach dem Tausch benötigt (z.B. aufgrund eines Betriebes). Bei dem wertgleichen Tausch gibt man z.B. 1.000qm mit einem Rohbaulandwert von 400€/qm in das Tauschverfahren und erhält nach dem Tauschverfahren 666qm mit einem Baulandwert von 600€/qm. Wenn man aber gar nicht bauen möchte, ist der kalkulativ identische Wert gegestandslos, da man schlichtweg 234qm weniger Grundstück aus dem Tauschverfahren heraus erhält.

Ganz besonders "ungerecht" wird es, wenn jemand ein tolles Gartengrundstück mit vielen Pflanzen und Bäumen, einer Gartenbewässerung und z.B. einer Gartenhütte in dieses Tauschverfahren abgeben muß. Dieser Pechvogel erhält nach dem Tauschverfahren ein deutlich kleineres Gartengrundstück in Ackerform zurück. Dabei erhält er keine Entschädigung für seine Pflanzen und Gartentechnik, sondern muß alles erneut anschaffen und anlegen. Von einer für den Besitzer realen Wertgleichheit kann in diesem Fall also überhaupt nicht gesprochen werden. Lediglich kalkulativ ist das neue Grundstück genau so wertvoll wie das bisherige Grundstück.

Auch der Grundstücksbesitzer, der seinen Betrieb aufgeben möchte und sein Grundstück tauschen möchte, damit seine Kinder direkt hinter seinem heutigen Wohnhaus bauen können, könnte äußerst große Ungerechtigkeit empfinden, wenn er im Tauschverfahren nur ein Grundstück erhält was durch den B-Plan für sozialen Wohnungsbau in Form eines Mehrfamilienhauses bestimmt ist. Die Kinder können in diesem Fall nicht wie geplant hinter den Eltern ein Einfamilienhaus bauen.

Die theoretisch denkenden Verwaltungsangestellten können oder wollen sich natürlich nicht in die reale Einschätzung der Eigentümer versetzen und halten ihr Handeln daher für 100% begrüssenswert und sinnvoll. Viele Eigentümer empfinden das Tauschverfahren jedoch eher als Enteignung, als eine Werterhaltung ihres Grundstückes.